University Chaplaincy
Reduziert.
von Ignatius Löckemann
Überall locken Prozente, Rabatte und Nachlässe. Auch das Teil der Corona-Wirklichkeit. Der Handel versucht das Geschäft anzukurbeln – verständlicherweise. Reduziert haben wir uns in der Tat. Und das seit 6 Wochen. Shutdown in vielen Bereichen, Homeoffice, Homeschooling. So langsam gehen manche Dinge wieder. Mehr Möglichkeiten tun sich auf. Und doch bleibt Vorsicht geboten. Vieles wird anders bleiben – für lange Zeit.
Was mir am meisten fehlt? Die Menschen. Familie, Freund:innen, Vertraute. Ich vermisse sie sehr. Und auch die Selbstverständlichkeiten. Gerade als Single. Ich vermisse die Vertrautheit, die Nähe, den Händedruck, die Umarmung und den Kuss. Den echten live-Blick vis-à-vis auch. Videokonferenzen sind besser als solche per Telefon; doch letztlich bleiben sie digital-kalt für mich. Eine Grenze.
Die muslimische Gemeinschaft beginnt den Fastenmonat Ramadan. Das bedeutet auch Reduzierung. Wie in unserer christlichen Fastenzeit oder beim Fasten überhaupt. Reduzierung zur Konzentration: Ein ‚weniger‘, das helfen kann.
Die Corona-Zeit bringt das vielleicht auch mit (unfreiwillig zwar): Was vermisse ich eigentlich? Und was nicht? Und: Was überrascht mich dabei? Ob wir nachher noch alles so weiter machen, wie vorher? Was würde ich beibehalten oder was anders machen? Wir wollen die Welt ein wenig besser verlassen, als wir sie vorgefunden haben (Robert Baden-Powell) – der Vater der Scouts hat dies gesagt (heute ist St. Georgstag). Weltverbesserer sollen sie sein – und wir auch. Eine lohnende Aufgabe. Was also in all dem macht meine Welt besser? Ein Teil der Verlangsamung tut mir gut. Natur nehme ich anders wahr. Kontakte sind total schön. Ich habe Briefe geschrieben und Karten. Andere haben sich gefreut. Und ich habe auch Post bekommen – und sogar mal Blumen! Kleine Nachrichten zwischendrin zum Durchhalten sind sehr aufmerksam – Seelenbalsam.
Der Preis für all das bleibt hoch. Menschenleben, Existenzen und Jobs. Andere Länder haben viel weniger Möglichkeiten. Das darf nicht verschwiegen werden. Den Pflegenden und Helfenden ist eine große Last auferlegt. Studierende geraden in Not (keine Jobs mehr). Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Und die bange Frage, wie es weitergeht.
Und doch: Es stecken Chancen in all dem (ohne das Ganze schön-zu-reden). Weniger ist manchmal mehr…
Reduzieren, verzichten und fasten – schön klingt das nicht für uns, Gott. Und freiwillig ist es oft nicht. Ob wir dennoch darin etwas Wichtiges entdecken können? Vielleicht kannst du uns helfen dafür einen Blick zu bekommen. Und die muslimische Gemeinschaft sei gesegnet im Ramadan. Und allen in Not und Angst nimm dich besonders an. Amen.