Lesen.

/ Impulse

von Ignatius Löckemann

Mainz ist bekannt für Johannes Gutenberg (1400-1468). Buchdruck hat die Welt verändert. Buchstabe für Buchstabe wird zum Wort und dann zum Text. Was vorher mühsam abgeschrieben werden musste, konnte nun einfach ‚vervielfältigt‘ werden. Nötig war ‚nur‘ lesen zu können. Lesen ist eine großartige Kulturleistung von uns Menschen. Ich lese einen Text und betrete so eine andere Welt. Gedanken und Informationen werden zugänglich. Geschriebenes kann weitergegeben werden – auch über Entfernungen hinweg, sogar durch Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch. Wenn ich die Schrift lesen und die Sprache verstehen kann.

Die katholische Kirche begeht den Sonntag der Weltmission. Und im Gottesdienst lesen (!) wir aus dem Matthäusevangelium: Liebe Gott, die Nächsten und dich selbst (Mt 22, 34-40) – darum geht es. Vor allem anderen. Das ist die Aufgabe, die Jesus uns gibt. Das ist der Auftrag, die Mission. Diese Buchstaben und Worte muss ich verinnerlichen. Und dann leben – so sehr – dass es an mir abgelesen werden kann. Unsere Mission ist es, ein offenes Buch zu sein, eine lebendige Information. Keine Prediger:innen. Lieber Jesus-Menschen, Gottes-Kinder. Am Anfang der Kirche erstaunten so die ersten Christ:innen die anderen Menschen: Was sind das denn für Menschen…?!

Heute erstaunen wir die Menschen eher anders: Macht(missbrauch), Hierarchie, Festhalten, Finanzen, Strukturen. Anderswo auch durch Engagement und Zuwendung. Leider oft ungesehen oder selbstverständlich. Einkaufshilfe für Ältere und Kranke, kleine Dorfschule in Mali, Miniklinik im Regenwald, Abendschule in der Favela, Kinderbetreuung im Stadtteil, Frauenhilfe und Männersprechstunde, Rettungsdienst und Betriebsseelsorge, Taufvorbereitung und Trauerarbeit. Und viel mehr. Aus Liebe. Jesus-Menschen und Gottes-Kinder tun das. Einfach so. Weil sie davon gelesen oder gehört haben. Was sind das doch für Menschen!

Wenn eine:r fragt, was das Wichtigste ist (Mt 22,35f.), was werde ich dann antworten? Liebe – klar. Wird man mir aber glauben, Gott? Ob du uns nicht etwas Beine machen kannst, dass wir dies zuerst und vor allem leben? Und dann erst fordern. Vielleicht muss der eine oder die andere bei sich anfangen mit dem Lieben… Amen.