Fragen.

/ Impulse

von Ignatius Löckemann

Gut 270.000 Menschen haben 2019 die katholische Kirche verlassen. Ende Juni lag dazu die Statistik der Deutschen Bischofskonferenz vor. Menschen, die gehen, hinterlassen eine Frage: Warum? Oder: Was war der Grund? Oder: Hätte es sich verhindern lassen? Die Bischöfe fragen danach, wie wir Menschen eine Heimat in der Kirche vermitteln können.

Die Antworten werden sehr unterschiedlich sein: Das Geld, das anders gebraucht wird. Die Bindung zur Kirche, die nicht (mehr) da ist. Der Glaube, der nicht (mehr) bedeutsam ist. Aber eben auch: Die Enttäuschung über das Nicht-weiter-Kommen. Das Entsetzen über die Missbräuche – nicht nur der sexualisierten Gewalt, auch der von Macht. Das Nein zu den Positionen der Kirche, wie Frauen, Ämter, Sexualmoral.

Ich kenne die Enttäuschung, das Entsetzen und das Nein. Ich kenne dies aus meinem eigenen (Er)Leben. Ich kenne dies aus meinem Freund:innen-Kreis. Ich kenne dies nur zu gut. Die Fragerichtung der Bischöfe nach einer zu bietenden Heimat geht mir hier fehl. Diese Menschen brauchen Antworten und eine Kirche, die Verantwortung übernimmt. Doch möglicherweise ist es für diese Menschen auch schon zu spät, weil sie dies aus ihren Erfahrungen gar nicht mehr erwarten von der Kirche – und das ist wohl das Schlimmste an all dem…

Menschen, die gehen, machen mich traurig. Priester, die aufhören, machen mich traurig. Und ich verstehe die Gründe der einen, wie der anderen. Menschen, die gehen, hinterlassen eine Frage – nämlich auch diese: Warum bleibst du…?

Die Antwort ist nicht leicht. So vieles spricht dagegen. Und ich beginne zu stammeln und werde unsicher. Ich habe mich einmal entschieden. Nicht so sehr für die Kirche, vielmehr für den Glauben. Ich habe ja gesagt zu einer grundlegenden Beziehung: Ich bin ein Christ. So will ich leben. Das will ich versuchen. Diese Beziehung will ich eingehen. Diese Beziehung ist einzigartig und konkurrenzlos-außerhalb. Ob du einen Mann hast oder eine Frau, verheiratet bist, in Beziehung oder Single, ob du Mann bist, Frau oder nonbinär, cis, trans oder inter, alt oder jung, mit mehr oder weniger Handicap – das sollte nicht entscheidend sein – du bist ja ein Mensch. Die Frage ist, ob du es willst und was du daraus machen oder werden lassen kannst. Darum bleibe ich. Es sind nicht viele Gründe, es ist dieser eine: Ich habe ja gesagt zu dir, Gott. Dieses Ja lebe ich in der Kirche, in meinem Dienst, in meiner Art, an meinem Ort. Ich könnte es auch neben der Kirche leben und außerhalb. Genauso. Aber natürlich ganz anders. Viele tun dies. Und ich verstehe es. Ich bin deswegen immer mal wieder traurig. Doch die Hoffnung möchte ich nicht verlieren. Ich halte daran fest, ganz fest. Ich halte mich an dich, Gott. Leicht ist das nicht, aber wem sage ich das… Amen.